38 Fachkräftemangel-Fakten, die Sie nicht wissen wollen


Auch Ihnen fehlen Fachkräfte? Dann ist dieser Beitrag nichts für Sie.

Beispielbild Fachkräftemangel: Leerer Schreibtisch

Wenn der Mangel an geeigneten, qualifizierten Mitarbeiter*innen auch Sie an Ihrer Zukunftsfähigkeit zweifeln lässt, haben wir schlechte Nachrichten: Wir haben 38 Fakten rund um den Fachkräftemangel zusammengetragen, die erst in tiefschwarzen Farben die aktuelle Fachkraftsituation in Deutschland und ihre voraussichtlichen (äußerst unangenehmen) Folgen schildern, bevor wir ganz am Ende doch noch ein paar mögliche Wege und Maßnahmen aufzeigen, mit denen man sich der Misere eventuell noch halbwegs entziehen kann. Sehr deprimierend insgesamt – wir raten ab!

Das Problem Fachkräftemangel

1. 2021 wurden in Deutschland 1,2 Millionen Arbeitskräfte gesucht, 2/3 davon waren Fachkräfte. Insbesondere im Expert*innenbereich ist die Stellenüberhangsquote (der Anteil der Stellen, für die es keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt) mit 60 % enorm.

2. Fachkräftemangel oder Fachkräfteengpass? Von einem Engpass spricht man, wenn für konkrete freie Stellen höchstens 2 Arbeitssuchende zur Verfügung stehen, ein Mangel bedeutet grundsätzlich und flächendeckend zu wenig Fachkräfte. Da es deutschlandweit eher regional und branchenabhängig fehlt, nennen Optimisten es (noch) einen Fachkräfteengpass.

3. Naja: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft waren im Jahr 2020 195 von 1226 Berufsgattungen sogenannte Engpassberufe. Ganz oben auf der Liste: Klempner, Sanitär und Heizung

4. Regional sind es hauptsächlich Ost- und Süddeutschland, in denen Fachkraftstellen nur schwer besetzt werden können.

5. Die Vakanzzeit – die Zeit, die durchschnittlich vergeht, bis eine Stelle besetzt wird – stieg von 63 Tagen im Jahr 2007 auf 130 Tage im Jahr 2019. Mit 207 Tagen Vakanzzeit ist auch hier der Bereich Klempner, Sanitär und Heizung Spitzenreiter.

6. Fachkräfte sind all die, die entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium vorweisen können. Am dringendsten gesucht wurden laut der Studie „Fachkräftemängel 2019“ des Zeitarbeitsunternehmen ManpowerGroup insbesondere Facharbeiter – nicht Stellen in der IT oder Pflege, da streiten sich aber die Gelehrt*innen.

7. 53 % der Unternehmen in Deutschland gaben kürzlich an, Schwierigkeiten damit zu haben, offene Stellen qualifiziert zu besetzen. Die Unterschiede zwischen den Branchen sind dabei beachtlich: Im Maschinenbau, bei den Herstellern elektrischer Ausrüstungen und im Fahrzeugbau etwa steigt der Anteil auf 65-67 %.

8. Der „War for Talents“ wurde schon 1997 in einer Studie von McKinsey & Company als Begriff für den Kampf um Nachwuchskräfte, sogenannte High Potentials, geprägt.

Ursachen

9. Der am häufigsten genannte Grund für den Fachkräftemangel liegt im demographischen Wandel: Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen derzeit nach und nach in Rente, die nachfolgende Generation ist grundlegend kleiner – im Jahr 2019 waren nur 10,3 % der Bevölkerung zwischen 15 und 24 Jahre alt, die Hälfte der Bevölkerung war älter als 45. Ganz kleines Trostpflaster: Seit 2009 steigt die Geburtenrate wieder leicht.

10. Die abschlaglose Rente mit 63 trägt ebenfalls dazu bei, dass sich der Fachkraftmangel weiter verschärft, Tausende Fachkräfte stehen dem Arbeitsmarkt damit einigermaßen unverhofft nicht mehr zur Verfügung.

11. Keiner will aufs Land: Insbesondere in der Generation zwischen 18 und 29 wandern besonders viele Menschen in die Städte ab, unter anderem zum Studieren.

12. Immer mehr junge Menschen entscheiden sich für ein Studium und gegen eine Ausbildung: 1992 gab es noch doppelt so viele Azubis wie Studierende, im Jahr 2020 lagen erstmals die Student*innen vorn – als Gründe werden besseres Gehalt und höhere Karrierechancen angegeben.

13. Die Welt wird ein Dorf: Unternehmen konkurrieren mittlerweile global um Fachkräfte, innerhalb der EU seit 2011 auch mit uneingeschränkter Arbeitnehmerfreizügigkeit. Der flexiblere Arbeitsmarkt macht es obendrein leicht, den Arbeitgeber zu wechseln.

14. In den späten 90er und frühen 2000er Jahren schwächelte die Konjunktur im Handwerksbereich – der goldene Boden stand infrage. Die so verlorengegangene Attraktivität und Perspektive mündete in einem deutlich niedrigeren Interesse an einer Ausbildung.

15. 40 % der Studienanfänger haben sich 2017 für ein MINT-Fach entschieden. Das ist zwar eine Steigerung, aber bei weitem keine ausreichende – insbesondere der Frauenanteil ist weiterhin viel zu niedrig.

16. Auch die Digitalisierung ist schuld! In vergleichsweise kürzester Zeit entstehen neue Berufsbilder, die ausgeprägtes, spezialisiertes Fachwissen erfordern, das darüber hinaus durch regelmäßige Weiterbildungen gepflegt werden will. Hier fehlen oftmals schon die grundlegenden Rahmenbedingungen.

17. Apropos Rahmenbedingungen: Junge Arbeitnehmer*innen wissen oft genau, was sie wollen, etwa noch ein Leben neben der Arbeit. Insbesondere ältere Unternehmen mit traditionellen Strukturen tun sich oft schwer damit, diesen Vorstellungen gerecht zu werden.

Maßnahmen und Ideen:

Was der Staat tun kann

22. Potenziale nutzen zum Ersten: Es wird Zeit, mehr in Bildung zu investieren. In Sachen Chancengleichheit landete Deutschland 2001 in der Pisa-Studie weit abgeschlagen auf dem letzten Platz – Bildungserfolg hängt hier wie nirgendwo in erster Linie vom Bildungserfolg der Eltern ab. Mittlerweile sind dabei moderate Verbesserungen erzielt worden, es ist aber noch viel Luft nach oben.

23. Potenziale nutzen zum Zweiten: In Fragen der Kinderbetreuung steht Deutschland im internationalen Vergleich zwar gut da, die (Un-)Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht aber weiterhin überwiegend zulasten der Mütter – die damit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen.

24. Potenziale nutzen zum Dritten: Im Jahr 2021 belegt Deutschland bei der Gleichstellung der Geschlechter im Bereich „wirtschaftliche Teilhabe und Chancen“ weltweit den traurigen Platz 62, was insbesondere an der Lohnungleichheit (Rang 97) und dem geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen (Rang 94) liegt. Ohne Worte.

25. Potenziale nutzen zum Vierten: Mit dem 2020 in Kraft getreten Fachkräfteeinwanderungsgesetz bewegt sich etwas bei der Regelung der Zuwanderung von Fachkräften. Nachgebessert werden muss hier dennoch an allen Ecken und Enden; extrem langsame Verfahren, ein sehr spezifisch deutsches Qualifikationssystem, intransparente Prozesse und … Trommelwirbel … ausgerechnet Personalengpässe in den Behörden legen den Unternehmen und ihren potentiellen Mitarbeiter*innen weiterhin unnötig Steine in den Weg.

26. Und Potenziale nutzen zum Fünften: In nicht wenigen Fällen haben Einzelpersonen, insbesondere aber Familien in Deutschland nicht mehr Geld, wenn sie anfangen, Geld zu verdienen. Stichwort „Grenzbelastung“: Die weist aus, wie viel Prozent des Einkommens durch den Wegfall staatlicher Unterstützungen aufgezehrt werden, wenn ein Familienmitglied bezahlte Arbeit annimmt (von der nun notwendigen Kinderbetreuung ganz zu schweigen) – und liegt im unteren Einkommensbereich zwischen 80 und ÜBER 100 %. Hier liegt es am Staat, echte Anreize zu schaffen. (Bitte lesen Sie hier keine Kritik an etwaig zu hohen Transferleistungen hinein, sondern vielmehr die an zu hohen Belastungen für niedrige Einkommen.)

Was Sie für mehr Fachkräfte tun können

27. Sie ahnen es doch schon: Auch Unternehmen haben von den eben vorgebrachten Punkten selbst einiges in der Hand. Zum Beispiel, was die vermehrte Einbindung von Frauen betrifft. In puncto Geschäftsführung sieht es hier bei den KMU zwar immerhin besser aus als bei großen Unternehmen (16 % Frauenanteil gegenüber 9 %), bei der aktiven Frauenförderung aber, in Form etwa flexibler Arbeitszeitmodelle, reißen sich Mittelständler mit 22 % (2019) und 19 % (2020) Beteiligung wahrlich kein Bein aus. HomeOffice-Möglichkeiten, eine sinnvolle und schnelle Wiedereingliederung nach der Schwangerschaft und Betreuungsangebote sollten auch KMU weit oben auf der Agenda haben.

28. Auch bei älteren Mitarbeiter*innen lohnt es sich, Anreize dafür zu schaffen, den Ruhestand entweder hinauszuzögern oder aber Mitarbeiter*innen zur Wiederkehr zu bewegen. Hier sind Angebote zur Weiterbildung, Gesundheitsmanagement und eine altersgerechte Arbeitsgestaltung essenziell.

29. Globalisierung ist keine Einbahnstraße: Fachkräfte gezielt im Ausland anzuwerben ist nur der erste Schritt, anschließend bedarf es zudem einer sinnvollen Integration im Unternehmen, zum Beispiel über Sprachkurse und kulturelle Angebote.

30. Nach Angaben der Agentur für Arbeit sind derzeit knapp 180.000 Menschen mit Schwerbehinderung überdurchschnittlich gut qualifiziert und würden gern arbeiten.

31. Im Jahr 2019 haben mehr als 4,6 Millionen Menschen in Deutschland in Teilzeit gearbeitet (davon übrigens fast 4 Millionen Frauen) – hätten sie bei Ihnen die Chance, sich auch in Teilzeit voll einzubringen? Flexibilität und attraktive Arbeitszeitmodelle sind hier erneut der Punkt, an dem es bislang oft noch scheitert.

32. Remote bzw. Hybride Arbeit steht bei Arbeitnehmer*innen hoch im Kurs, sollte es aber auch bei Ihnen! Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, fördert die Motivation und steigert die Produktivität. Viele Unternehmen nicht nur in Deutschland mussten zum Glück dieser Einsicht durch Corona erst gezwungen werden, nicht alle aber konnten sich, oft zum Bedauern ihrer Fachkräfte, mit der Idee dauerhaft anfreunden.

33. Stichwort Unternehmenskultur: Ein offener und wertschätzender Umgang miteinander beginnt beim Recruiting. Unnötig komplizierte Bewerbungsprozesse, lange Wartezeiten und fehlende Reaktionen sollten die meisten Unternehmen sich nicht mehr leisten können. Eine Unternehmenskultur, in der die oder der Einzelne sich anerkannt fühlt, hilft übrigens nicht nur beim Gewinnen, sondern auch beim Behalten von Mitarbeiter*innen.

34. Employer Branding meint die Selbstpromotion eines Unternehmens innerhalb des Bewerbungsprozesses und wird aktuell von den meisten großen Unternehmen äußerst gewissenhaft betrieben: Da werden Alleinstellungsmerkmale herausgearbeitet, attraktive Benefit-Pakete geschnürt, Kampagnen gefahren, die Karriereseite ist ansprechend und interaktiv, es locken Weiterbildungsangebote und das zufriedene Team fungiert als starker Markenbotschafter. KMU haben hier zwar grundsätzlich weniger Spielraum, sollten aber dennoch einen kritischen Blick von außen auf sich werfen: Wie ansprechend sind Sie?

35. Zum Schluss noch ein Tipp, der den meisten Unternehmen nichts nützen wird: Ziehen Sie den Arbeitskräften hinterher, wenn Sie können! Arbeitgeber in der Stadt haben es deutlich leichter, qualifiziertes Personal zu finden.

Wie Sie Ihre Fachkräfte entlasten

36. Treten Sie gedanklich einen Schritt zurück – liegen bei Ihren Fachkräften wirklich die richtigen Aufgaben und nur die? Nehmen Sie sich die Zeit und machen Sie 2 Listen: Was ist zu tun und wer kann es tun? Können Sie innerhalb des Teams sinnvoll umverteilen, für Aufgabenbereiche auch weniger qualifiziertes Personal einstellen oder Themen an Externe auslagern? Outsourcing liegt nicht nur im allgemeinen Trend: Durch das Hinzuziehen von Expert*innen kann sich einerseits Ihr Team auf seine Kernkompetenzen besinnen, andererseits bringen Außenstehende oftmals innovative Ansätze und Verbesserungen ein, die Ihre Prozesse strukturell optimieren.

37. Aufgaben neu denken: Stehen Ihnen derzeit partout weniger Fachkräfte zur Verfügung, als Sie eigentlich brauchen, ist vielleicht der „brauchen“-Teil der, an dem Sie ansetzen können: Können Sie Ihre Fachkräfte durch den Einsatz von intelligenten Lösungen entlasten? Gerüchten zufolge können langwierige Standard-Fachkraftaufgaben wie etwa das Aufmaß mittlerweile mit der richtigen Software sowohl deutlich schneller als auch von nicht eigens qualifizierten Teammitgliedern ausgeführt werden. Wir wollten es mal erwähnt haben …

38. So akut es aktuell auch brennen mag, Personalplanung ist eine strategische Aufgabe. Planen Sie daher jetzt schon ihren Bedarf von morgen und ergreifen Sie rechtzeitig Maßnahmen, um die Zukunft des Unternehmens nicht am Fachkräftemangel scheitern zu sehen.

Herzlichen Glückwunsch (so Sie denn noch da sind), Sie haben es geschafft. Sollten Sie immer noch mehr wissen wollen zum Thema, gerade angesichts möglicher Maßnahmen und Initiativen, ist die Website des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung sicher kein schlechter Anlaufpunkt – und sollten Sie angesichts unserer Aufmaßlösung hellhörig geworden sind, ist es ebenfalls nur ein Klick 😉 .

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